
Mitschrift eines Vortrags des Forstbeamten der Landesforstbehörde Niedersachsen Christian Weigel über das Konzept der niedersächsischen Landesforsten über den #
Urwald von MorgenGastgeber war der #
Heimatschutzbund #
HessischOldendorf, stattgefunden hat die Veranstaltung am Donnerstag, den 16.05. um 19:30 in Hessisch Oldendorf.
Der Altersdurchschnitt der Zuhörer war zwischen 55 und 65 Jahren. Mit meinen 40 Jahren war ich wohl mit Abstand fast der Jüngste.
Die Bundesratsinitiative Biodiversität war unter anderem vertreten auf Konferenzen in Rion und Bonn, das Thema war, was kann die erste Welt machen um #
Biodiversität und #
natürlicheLebensräume zu erhalten und zu fördern. Bund und Länder sind grosse Flächeneigner. Zu diesen Flächen gehören eben nicht nur Waldflächen sondern auch Heideland, Flüsse und Auen, Meer und Küste (siehe Wattenmeer) und Heideland zum Beispiel. Der Wald ist in der Biodiversitätsstrategie nur ein Thema unter mehreren.
Derzeit sind 5% aller staatlichen Wälder Naturwald. Geplant ist die Erhöhung der Naturwaldfläche in Staatsforsten in Niedersachsen auf 10%, wobei eine Enteignung von Privateigentum nicht angedacht ist. Viele der Wälder vor unseren Haustüren sind Baumplantagen und keine echten Ökosysteme, das muss man dabei berücksichtigen.
Die LÖWE Initiative der Niedersächsischen Landesforsten (Langfristige Ökologische Wald Entwicklung) findet hier vor Ort im Süntel bereits seit 27 Jahren statt und bietet ein hohes Maß an Diversität, aber auch an Zugehörigkeitsgefühl. Der Süntel wie der Ith sind für die Anwohner eben keine Plantage sondern ein Stück Heimat. Ideengebend dafür waren wohl Christoph Wagner (1908) und Herbert Hesmer (1934) die eine frühe Förderung vereinzelter Waldstücke hin zu Naturwaldparzellen vor allem zur Erforschung der natürlichen Vorgänge in der Biosphäre Wald. Impulse gegen das Waldsterben kamen aus dem Solling von Ulbricht (1988). Einige von den hier Lesenden könenn sich vielleicht nicht erinnern weil sie zu klein waren oder noch nicht geboren, aber wir hatten in den 80ern ein krasses Problem mit absterbenden Wäldern durch sauren Regen und starke Umweltverschmutzung einerseits und der sehr starken Ausprägung der Wälder zu forstwirtschaftlichen Monokulturen andererseits. Nadelgehölze sind eigentlich viel weiter nördlich in Europa zu finden, Deutschland ist ursprünglich ein Laubbaumstandort.
Teile der LÖWE Strategie umfassen standortgerechte Baumwahl, Bodenschutz, Laub- und Mischwaldvermehrung, ökologische Verträglichkeit, Naturverjüngung, Rücksichtnahme auf das Waldgefüge, Erhaltung alter Bäume seltener Tiere und Pflanzen, Konzeption von Waldschutzgebieten und Sonderbiotopen (nicht zwangsläufig vollständige Auflistung).
Zu beobachten ist mittlerweile am Standort Süntel die Rückkehr gefährdeter Arten wie Kranich, Storch, Wanderfalke, Uhu, Mittelspecht, Seeadler, Wolf, Luchs, Wildkatze, Fischotter und der Eremit, ein Käfer der sich von verottendem Eichenholz ernährt. Aus eigener Beobachtung kann ich noch Kolkraben anfügen, sowie Milane. Störche nisten sogar direkt in Hessisch Oldendorf. Übrigens. #
funfact am Rande. Spechte quaken.
Die Waldfläche der Landesforstbehörde beträgt 329500ha, neues Ziel ist eine Erhöhung der Fläche um 10%. Das größte #
Habitat ist der #
Harz der in der Vergangenheit durch #
Bergbau zweimal komplett durchgehend entwaldet wurde und mit Nadelgehölzen wiederaufgeforstet wurde. Der Hohenstein ist mittlerweile zusammenhängendes Schutzgebiet seit 2017 und eines der ältesten Naturschutzgebiete in Niedersachsen. Heimische Tierarten sind neben Rot- und Schwarzwild (Massen) Falken, Uhus und Luchse. Ein Horst Seeadler hat hier vor Ort 3 Jungtiere erbrütet und flügge gemacht. Der Naturwald macht momentan 80% des Süntels aus.
Durch die wirtschaftliche Nichtnutzung entgehen der hiesigen Forstwirtschaft 1.6 Millionen Euro jährlich, später wird dieser Umsatzverlust auf 12 Millionen Euro jährlich anwachsen. Ich habe den Einwand hervorgebracht das der finanzielle Schade der Forstwirtschaft in Form von Einnahmen im Tourismus- und Gastronomiebereich wieder in die Kassen kommen, das Dumme ist nur, das das eben andere Pötte ist und man auch von den Landesforstbehörden erwartet das sie wirtschaftlich und gewinnorientiert arbeiten. Es sind in der Form eben staatliche Produktionsbetriebe die ihr Existenzrecht in Umsatz und Gewinn aufzeigen müssen. Leider gibt es keinen Schlüssel dafür den Erhalt der Natur finanziell als Posten aufzurechnen.
Die #
Forschung am Naturwald Süntel sollen übrigens zur naturnahen ökologischen Bewirtschaftung von Forstflächen genutzt werden, insofern profitiert nicht nur das ausgeschrieben Schutzgebiet davon sondern auch alle Forstwirtschaften die mit den Erkenntnissen aus der Forschung am Naturwald profitieren.
Nach wie vor befinden wir uns in einer #
Kulturlandschaft. Das #
Weserbergland ist Naherholungsgebiet, insofern bleibt eine Wegenutzung für den Tourismus erhalten und auch in Zukunft vorgesehen auch wenn die Wegesicherheit im Naturwald nur eingeschränkt erreichbar ist. Es wird mit Schildern darauf hingewiesen das das Betreten der Naturwaldflächen auf eigene Gefahr geschieht. Es liegt nicht nur Totholz im Bodenbereich und blockiert zeitweise die Wege, auch sind diese eben teilweise rutschig und schlammig und es besteht immer die Gefahr das absterbendes Totholz herabfällt und Personen verletzt. Abseits der Wege wird fallendes Totholz nicht geräumt und bleibt für den Verottungsprozess vor Ort liegen, wie zum Beispiel mehrere Buchen die durch den #
Halimasch befallen wurden und dadurch eingestürzt sind und Verjüngungskegel gebildet haben. Das Forstamt greift an dieser Stelle nicht ein.
Das #
Dachtelfeld heisst übrigens Dachtelfeld weil es früher wirklich ein Feld war, eine Hochebene. Das ist die Stelle an der die #
Sachsen unter #
Widukind die #
Franken unter #
Karl dem Großem zurückgeschlagen haben (ca 770 n.Chr.) was zum #
Blutgericht zu #
Verden geführt hat (siehe auch Heinrich Himmlers #
Sachsenhain zu diesem geschichtlichem Thema). Das komplette Dachtelfeld ist heute Mischwald, allerdings nachträgliche Forstfläche, kein Naturwald, was man dem Wald auch nach verlassen des Naturwaldes im Kontrast deutlich anmerkt.
Wir bekommen demnächst wohl auch einen neuen Förster der das einmalige Amt des Naturwaldförsters innehaben wird, den Herrn Roman Spenner. Das ist unter anderem dem Umstand geschuldet das wir soviel Naturwald haben. Ungefähr 2200 ha Naturwald, nach dem Harz mit ca 6500 ha Niedersachsens größte Naturwaldfläche.
Der Hohenstein an sich ist ein großer Jurablock der durch #
Salztektonik also nicht durch geologische sondern durch chemische Prozesse Senkung und Hebung von Teilen des Deisters und Süntels erfahren hat. Er besteht aus einem kalkhaltigem basenreichem Ausgangsgestein. Das Klima ist luftfeucht und kühl und wir haben hier aufgrund der Geologie eine hohen Zahl von Schluchtenwäldern die eigene Mikroökosysteme bilden. Ansässige Pflanzen sind zum Beispiel die Mondviole, die Hirschzunge, der dornige Schildfarn, der zerbrechliche Blasenfarn und andere. Eine seltene Mutation die ansonsten nur noch an einem Ort in Frankreich vorkommt ist die korkenzieherartig gewundene und verdrehte #
Süntelbuche auch #
Hexenbuche oder #
Teufelsbuche genannt. Dazu kommen Echte Schlüsselblume, Schwalbenwurz, Salomonssiegel, blauroter Steinsamen, Fingeregge und Orchidee sowie Alant auch Odinsauge genannt.
Die Trockenheit im Jahr 2018 ist dem Wald anzumerken, die Trockenheit gefährdet direkt dne ansässigen Buchenwald der er es gerne feucht hat, eine zu starke Trockenheit würde den Buchenwald abtöten (demnach ist das derzeitige Aprilwetter ein Segen für unseren Wald). An den großen Felsen treten Klimaextreme auf zwischen feucht und trocken, dunkel und lichtdurchflutet, windgeschützt und windgebeutelt.
menschlicher EinflussDie #
Bejagung bleibt im Naturwald erhalten, ein Argument ist die afrikanische Schweinepest die die Wildschweine befallen kann, allerdings geht das Bejagungskonzept in Richtung natürliche Regulierung durch Wolf und Luchs.
Der Buchenwald bedarf keiner künstlichen #
Verjüngung, Habitatbäume entstehen auf natürliche Art, zusätzlich zu den Habitatzonen an Steinbrüchen und Felsklippen.
Eine Erweiterung des nahegelegenen #
Steinbruch in Richtung #
Totental ist ökologisch wegen der besonderen Schutzwürdigkeit dieser Zone untragbar und wird deswegen von der Forstverwaltung vehement abgelehnt.
Die #
Umkehr der gesetzlichen #
Naturschutzverordnung durch die #
Politik ist möglich, aber im politischen Prozess schwer. Das Nutzungskonzept allerdings unterliegt den hiesigen #
LandesforstenIch hoffe alles korrekt und halbwegs vollständig wiedergegeben zu haben. Ich war die ganze Zeit parallel am Mitschreiben.
Mein FazitIch habe ja null Vertrauen in Politik und Staat, war aber sehr positiv vom Engagement und der Einsatzbereitschaft der Landesregierung und der niedersächsischen Landesforstbehörde beeindruckt. Man hat hier lange vor #
Extinctionrebellion und #
FridaysforFuture etwas für den Erhalt einer ursprünglichen Natur und dem Erhalt der Arten getan und das in einer Gegend in der wir permanent #
Antikernkraft Demonstrationen haben wegen der #
Castor Transporte vom #
Kernkraftwerk #
Grohnde aus. Ich kann den von meinem Haus die Kondenssäulen der Kühltürme sehen. Eine Initiative in Richtung Kernkraft um dort die Gemüter zu beruhigen hätte man eher erwartet.
Was die Landesforstbehörde hier geschaffen hat halte ich für unbedingt unterstützenswert aber noch ausbaufähig. Allerding muss ich dazu sagen das ich extrem durch Natur hier zuhause verwöhnt bin. Wie man hier sagt, wir wohnen dort, wo andere Urlaub machen. Für den Brandenburger mit seinen Agrarwüsten und Baumplantagen muss das hier wie der reinste #
Urwald aussehen, wie die typische deutsche #
Heimatidylle . Für uns ist das einfach zuhause.
Meiner Meinung nach sollten wir im #
Weserbergland diesen ökologischen Standort weiterausbauen und hier maßgeblich Vorarbeit in ökologischer Flächenhaltung zeigen. Ich sehe das nicht als Verlust sondern eher als Gewinn, aber das ist halt alles eine Frage des Standpunkts und Blickwinkels.