
Ich danke @
°Anthepa für diese Frage. Ich hab mir dazu #
Gedanken gemacht und bin zu folgenden Folgerungen gekommen: Es beginnt sehr früh und oft so, dass viele Menschen sagen würden: "Das ist doch noch harmlos."
Harmlos, das bedeutet vom Wortlaut her, es schadet doch nicht. Und damit wird dann idR auch schon der Widerspruch offenbar.
Teil 2
#Mobbing - ein Teufelskreis
Teil 1 und Auslöser dieses (sehr ausführlichen) Gedankens:https://diasp.de/posts/2f05f3c0a98c01386025101b0e91c357Die Frage nach den Ursachen sollte am besten jeder bei sich selbst suchen, in seinen Erinnerungen und Gefühlen. Wenn man die Muster mal weniger scharf betrachtet, läuft es nach meiner Erfahrung, fast immer auf ähnliche Grundmotive heraus. Und wer ehrlich zu sich ist, wird wahrscheinlich erkennen, selbst auch schon Opfer & Täter gewesen zu sein. Mehrnoch, wer seine Eltern gut kennt, findet vielleicht auch dort Muster seines eigenen Verhaltens wieder.
Wann empfindet ein #Mensch eine Situation als Mobbing?Ausgrenzung kann als Mobbing empfunden werden. Das Gefühl nicht dazu gehören zu können, zu dürfen oder die schlimmste Form, die Ausgrenzung aus seiner eigenen Gruppe, Familie von Freunden getrennt zu werden. Bei sehr „softem Mobbing“ empfinden die Täter es oftmals nicht einmal als Mobbing. Die Täter sind sich dessen nicht bewusst. In ihren Augen und aus ihrem Selbstverständnis heraus gibt es gute, objektive Gründe für die Ausgrenzung.
- du bist kein Mädchen/Junge
- du kannst kein Fussball spielen
- du hast kein Führerschein
- du hast die falsche Kleidung
- du hast die falsche Playstation
- ne du kannst nicht mitmachen ...
Subjektiv kann das Opfer diese Ausgrenzung als ebenso schlimm empfinden wie „Diskriminierung“, „Stalking“ oder physische Gewalt.
Der niederschwelligste Einstieg ist "jemanden nicht zu mögen" und ihn dies spüren zu lassen.
Auch die "Üble Nachrede" ist eine sehr alltägliche Form dessen, was Menschen als Mobbing empfinden können. Für Außenstehende sieht es so aus, als würden die Akteure dabei sehr subtil und perfide vorgehen. Den Täter ist dies selbst oftmals gar nicht bewusst
- das war doch nicht so gemeint
- das sagt man doch so
- war doch nur ein Spruch
- war nur Spass
oder - „das hab ich nur so dahergesagt“.
Die bewusste üble Nachrede, mit dem Ziel der Bloßstellung oder Ausgrenzung, nimmt oft nicht den direkten Weg, sondern wird feige und gemein, gerade so verbreitet, dass möglichst viele andere es mitbekommen, außer dem Opfer.
Der Klassiker bei bewusster Verleumdung, die Verleugnung, entgegen der Wahrheit: „Das hab ich nie gesagt.“, ist die Angst und das Schuldeingeständnis gleichermaßen. In dem Fall kann man annehmen, dass der Täter selbst so stark verletzt ist, dass ihm/ihr Reue noch nicht möglich ist. Zuerst muss die eigene Wunde heilen. Als Eselsbrücke finde ich das Wort "die Kränkung" sehr gut.
Menschen denen oft übles nachgesagt wird, werden gemieden. Die Opfer werden stigmatisiert. Manchmal wird die Schmähung auch so ausgesprochen dass das Opfer sie gerade noch mitbekommt, direkt oder über Umwege, ohne direkt angesprochen zu werden. Dabei wird dann aber klar, wer gemeint ist. Schulhofschmiererein, Blogeinträge, Tweets oder auch das Verhalten, das zeigen der kalten Schulter. Üble Nachrede und Abwertung sind niederschwellig:
- Der geht mir voll auf den Sack.
- Wie der wieder aussieht.
- Was stinkt denn hier so?
- Der ist ja nix zu gebrauchen.
- Der kann sich nichteinmal xyz leisten …
- Habt ihr auch schon bemerkt wie doof der ist?
- So ganz sauber tickt der ja nicht.
- Son bisschen asozial ist der ja auch.
Klingt harmlos?
Die Folgen sind oftmals verheerend. Denn Opfer von Mobbing werden nicht selten selbst Täter von Mobbing. Und wer kennt folgendes Muster nicht?
Wenn ein Mensch sich den Frust von der Seele redet und dabei seinen Chef, Vorgesetzen oder auch Kollegen abwertet, dann neigen Kollegen zur solidarisierung und stimmen nicht nur der Abwertung zu, sondern steuern noch eigene negative Gedanken hinzu.
Nur selten gibt es couragierte Menschen die einschreiten und die Teufelskreis durchbrechen. Der couragierte Mensch, der innerhalb einer Gruppe sich für ein Opfer einsetzt, muss dazu die Ausgrenzung nicht fürchten oder ist sich derer nicht bewusst und muss zudem das Muster die Kränkung des Opfers bewusst wahrnehmen. Das ist manchen Menschen nicht möglich, weil sie selbst zuviel Angst haben, selbst ausgegrenzt, also Opfer zu werden.
- willst dich wohl einschleimen bei der Chef/in?
- bist du etwa scharf auf sie/ihn?
- findest du etwa gut was sie macht?
- hälst du etwa zu ihr?
- bist du gegen mich oder für mich?
Menschen die selbst noch nie Ausgrenzung in der Familie erlebt haben, sind häufig stärker, ihnen fehlt das negative Erfahrungsmuster aus der Sicherheit der Familie heraus gekränkt oder gar ausgeschlossen zu werden. Eine gute Familie ist ein guter Schutz.
In Jungen Jahren lernen wir Menschen mit Alltagssituationen umzugehen. Wer in der eigenen Familie Ausgrenzung erlebt hat, in frühster Kindheit manipuliert und auch gemobbt wurde, entwickelt Überlebensstrategien ebenso, wie auch das kopieren der „feindlichen Strategie“. Die Muster werden übernommen, abgeguckt und leider kommt es dann oftmals zum ersten „Lernerfolg“.
RACHERache ist idR ganz simple die Kopie der Feindesstrategie: Auge um Auge, Zahn um Zahn.
„Arschloch“
„Selber Arschloch“
Klingt harmlos?
Wenn ein Mensch einen anderen beleidigt, dann selten ohne Grund.
Die Menschen die uns am ehesten verletzen können, sind jene die uns nahestehend sind. Wenn wir in einen Menschen Gefühle investiert haben, auf ihn bauen und Vertrauen, dann schmerzt es um so mehr, als wenn wildfremde Menschen ein Wort über uns verlieren. Warum das so schmerzt ist, weil wir damit eine soziale Bindung verlieren. Das ist für unser Gehirn der Worst Case.
Das Prinzip der Rache ist jedoch die einfachste Waffe die in jungen Jahren schon erlernt werden kann. Ein Kind schubst, das andere schubst zurück. Den Teufelskreis zu durchbrechen benötigt häufig komplexes Verhalten, Intelligenz, also auch Achtsamkeit. Es gibt auch einige wenige Opfer, die sich nicht wehren können oder wollen. Aus meiner Beobachtung sind Opfer die in jungen Jahren sich nicht wehren, je nach Umgebung, entweder häufiger Opfer (schwach, depressiv, ängstlich, etc) oder mit Glück später sehr erfolgreich, zufrieden und besitzen eine starke Impulskontrolle und ein festes Regelwerk. Ein Großteil wird einfach selbst zum Täter und wird dass dann begründen mit:
- der hat Angefangen.
- selbst schuld.
- ist ja selbst ein Arschloch.
- ich hab mich nur gewehrt.
Das Konzept der #
Rache wird leider über Generationen hinweg weitergegeben. Die Strategie ist schlecht, ineffizient und spaltet die Gesellschaft, hält sich aber leider hartnäckig. Denn noch immer gibt es Menschen, die an „das Böse“ glauben. Autoren wie Beispielsweise, „Stephen King“ haben daran ihren Anteil. Doch auch TV Serien, allen voran aus den USA, vermitteln das Konzept der Rache ohne eine rationale Erklärung für das Verhalten der Bösewichte zu liefern.
Menschen die an „Magie“ wie zB „das Böse“ glauben, können sich häufig nicht weiter entwickeln, weil rationale Begründungen und Erklärungen deutlich komplexer sind, mehr Intelligenz, mehr Achtsamkeit und für unser Gehirn, mehr Zeit und Energie bedeuten.
„#
Magie“ ist die simpelste Lösung aller Probleme:
- der ist böse
- das ist ne Hexe
- schlechte Gene
- in ihm wohnt ein Teufel
- der ist von Dämonen besessen
oder auch der Klassiker: - Schicksal
Unbewusstes Mobbing:
Mobbing kann erlerntes Verhalten sein, aber wir können auch unbewusst zum Täter werden.
Das Problem hierbei ist, das unser unbewusstes Verhalten vom Opfer sehr bewusst wahrgenommen wird. Ein unglücklicher Umstand ist dabei, das unser Gehirn negative Erfahrungen schon bei der ersten Wahrnehmung sehr stark in die Erinnerung aufnimmt.
Was ich als „Schlimm“ empfunden habe, war für andere nur eine Lappalie und umgekehrt. Doch das negative bleibt sehr stark haften. Eine Verfehlung in 365 Tagen wäre eigentlich kein schlechter Schnitt, doch einmal das falsche Wort gesagt, zur falschen Zeit, kann eine Beziehung beenden oder Nachhaltig vergiften.
- stell dich nicht so an
- so schlimm kann das ja nicht gewesen sein
- das hast du nur so empfunden
Die Weigerung des Gegenübers, die eigene Schuld anzuerkennen ist eine weitere Eskalationsstufe.
Sie vermittelt dem Opfer das Gefühl der erneuten Ausgrenzung. Der Täter verweigert die Anerkennung der Gefühle, die vom Opfer real empfunden werden.
Die MotivationFür die Frage, warum tun Menschen sich das gegenseitig an, neige ich zu folgendem Erklärungsmodel:
Es geht stets um Angst. Triebfeder sind unsere Gefühle, sehr stark beteiligt das Unterbewusste und unser altes Hirn, das zur Flucht oder Angriff rät.
Angst vor dem Verlust von Anerkennung
Angst vor dem Verlust von Zugehörigkeit
Angst nicht wahrgenommen zu werden
Angst andere könnten meinen Platz einnehmen
Angst zu kurz zu kommen, geringer behandelt zu werden
Sich dessen bewusst werden, das Eingeständnis ist der erste Schritt, diese Ängste zu bewältigen.
Angst fühlt sich nicht immer an wie ein Horrorfilm. Angst zeigt sich nicht immer mit Schweiss auf der Stirn oder dem mulmigen Gefühl.
Achtsam zu sein, kann einem bewusst werden lassen, dass wir Menschen durch „Angst“ auch motiviert werden. Angst kann einen Impuls auslösen, bestimmte Dinge zu sagen.
- Das ist mir so rausgerutscht.
- Ist über mich gekommen
- Das wollte ich so nicht gesagt haben
Angst kommt in Mikrodosierung gar nicht bis in unser Bewusstsein, doch sie kann Auslöser sein für Taten die wir bereuen.
Ich war selbst Täter, Opfer und unzählige Male nur Beobachter, Zeuge, Opportunist, Helfer, Retter oder auch Rächer. Ich kann meine Fehler heute offen zugeben, weil ich keine Angst mehr habe, zu meinen Gefühlen zu stehen. Und weil ich weiß, dass wenn ich bewusst handle dann geschieht mir der gleiche Fehler kein zweites Mal. Es gibt keinen rationalen Grund für das was wir Modelhaft als „böses Verhalten“ bezeichnen. Es gibt ausschließliches dummes Verhalten, wider besseren Wissens. Wenn Menschen keine andere Wahlmöglichkeit mehr sehen und die Angst so groß ist, selbst Verletzungen zu erleiden, erliegt Mensch dem Impuls seiner eigenen Ängste.
Ich bin auch nicht stolz auf meine Dummheiten, ich bin froh darüber dass ich diese endlich entschlüsseln konnte. Ich vergleiche mich nicht mehr mit anderen, sondern mit dem der ich einmal war. Ich habe es nicht mehr nötig andere abzuwerten, ich hinterfrage ihr verhalten … allerdings neige ich noch immer zu vorschnellen Annahmen über Motiv und Hergang. Das ist menschlich und ich kann damit besser leben, als mit Rache Gedanken.
Reue und die Bitte um Entschuldigung
Jeder von uns kann von seinen Gefühlen überwältigt einem anderen #
Menschen weh tun.
Wenn das Geschieht ist Heilung wichtig. Das wäre dann aber noch einmal ein eigenes Kapitel.
Fakt ist, wir können und müssen lernen zu unseren Fehlern zu stehen und um Entschuldigung zu bitten. Auch für die Taten, die wir nicht bewusst verübt haben. Nur so kann unser Mitmensch genesen und wir den Teufelskreis der Verletzungen und Rache durchbrechen.
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Gewalt